Jedes Mineralwasser ist einzigartig. Wie groĂ die Unterschiede sind und welche Rolle Mineralien spielen, hat unsere Redakteurin beim Wassertasting mit Reiner HĂ€berle erfahren
Es ist still an unserem Tisch. Reiner HĂ€berle blickt lĂ€chelnd in die Runde. Susanne hat beim Trinken konzentriert die Augen geschlossen. Und Axel starrt in sein Glas, als könnte er auf dem Boden die Antwort auf HĂ€berles Frage lesen: Welches Mineralwasser ist das? âPeterstalerâ, schlĂ€gt Axel vor. Als der Blick des Wassersommeliers auf mich fĂ€llt, sage ich schnell âSchwarzwald-Sprudelâ, obwohl ich, seit wir zu den Sorten mit KohlensĂ€ure ĂŒbergangen sind, kaum noch einen Unterschied schmecken kann. Susanne zuckt die Schultern und isst, anstatt eine Antwort zu geben, einen Löffel von ihrem Linsensalat. Dann macht sie mit den Probierschlucken weiter. âPeterstaler ist richtigâ, sagt Reiner HĂ€berle und greift zur nĂ€chsten Flasche. Jetzt werden die Classic-Versionen probiert.
Wir nehmen an einem MineralwasserÂtasting in Bad Peterstal-Griesbach teil. Der Kurort, der im oberen Renchtal im Schwarzwald liegt, ist der Wasserort schlechthin. Aus drei Brunnen sprudelt dort feinstes Mineralwasser in ganz unterschiedlicher mineralischer Zusammensetzung. Das Griesbacher Mineralwasser etwa hat einen Gesamt-Mineraliengehalt von 2.265 Milligramm pro Liter. Ein Ă€uĂerst hoher Wert, der dem Wasser viel Geschmack verleiht. Und auch das Black Forest, ein ganz weiches und Deutschlands kochsalzĂ€rmstes Wasser, wird in Bad Peterstal-Griesbach in die Höhe gepumpt. Der Ursprung der groĂen Unterschiede sind die Gesteinsschichten, die das Regenwasser auf seiner Reise zu dem unterirdischen WasserÂvorkommen durchflieĂt. Auf dem Weg wird das Wasser gereinigt und nimmt in den verschiedenen Schichten unterschiedliche Mineralien auf. Extra hinzugefĂŒgt werden dĂŒrfen sie beim AbfĂŒllen nĂ€mlich nicht.
Wasser schmeckt wie Wasser, oder?
Vor meinem Wassertasting war ich der Ăberzeugung, dass Wasser keinen eigenen Geschmack hat. Da ich selten zwei verschiedene WĂ€sser nebeneinander trinke, war ich mir der unterschiedlichen Geschmacksnuancen nicht bewusst. Wasser schmeckt, fĂŒr ungeÂĂŒbte Gaumen wie meinen, einfach wie Wasser. Trinkt man es aber, wie beim Tasting, im direkten Vergleich und in der richtigen Temperatur, schmeckt man groĂe Unterschiede. Hinter dem Wassersommelier sind unsere Test-MineralwĂ€sser aufgereiht: Peterstaler, Schwarzwald-Sprudel, Black Forest und Griesbacher. Jeweils in den AusfĂŒhrungen still, medium und classic, denn wie wir heute lernen, hat nicht nur die Mineralisierung, sondern auch die KohlensĂ€ure Einfluss auf den Geschmack. Bevor es losgeht, erklĂ€rt HĂ€berle den Ablauf des Tastings. Wir arbeiten uns von still ĂŒber medium zu classic hoch, probieren die WĂ€sser parallel und neutralisieren zwischendrin unsere Zungen mit feinen Kleinigkeiten aus der KĂŒche des Hotels Kimmig. So werden zum Mediumwasser etwa kleine SchĂ€lchen mit schwĂ€bischem Kartoffelsalat gereicht, damit wir den Mineralien immer wieder mit offenen Geschmacksknospen begegnen können.
WĂ€hrend wir uns durch die verschiedenen Wasser-GĂ€nge und auch die Kleinigkeiten probieren, vermischen sich Tasting und Genuss. Bei den stillen WĂ€ssern habe ich noch deutlich die Unterschiede herausschmecken können. Das eine Wasser hat fĂŒr mich kĂŒhl geschmeckt, das nĂ€chste ganz weich und das dritte fast erdig und leicht salzig. Bei den Medium- und den Classic-Sorten fiel es mir schon schwerer, genaue Geschmacksnuancen zu deuten. Das, erklĂ€rt Reiner, liege daran, dass die KohlensĂ€ure den Geschmack der WĂ€sser etwas neutralisiere. âFrĂŒherâ, verrĂ€t er, âgab es hĂ€ufig nur Mineralwasser mit viel KohlensĂ€ure, da dadurch etwaige schlechte GeschmĂ€cker ĂŒberdeckt wurden.â Deswegen wird heute Wasser mit viel KohlensĂ€ure auch âClassicâ genannt.
KohlensÀure macht den Unterschied
Und wirklich, ein Peterstaler still schmeckt ganz anders als ein Peterstaler classic, obwohl die gleichen Mineralien in dem Wasser stecken. Eine spannende Erkenntnis. Und auch das, was ich zum Wasser esse, hat einen Einfluss auf mein Erlebnis. âAlles beeinflusst sich gegenseitigâ, sagt der Wassersommelier begeistert und schenkt uns nach. Auch wenn fĂŒr mich, die Wasserbanausin, ab einem bestimmten Zeitpunkt doch eher das Essen im Vordergrund stand, habe ich doch eine wichtige Erkenntnis mitgenommen: Ich werde nun öfter mehrere WĂ€sser miteinander vergleichen und entscheiden, welches Mineralwasser mir denn im Vergleich wirklich besser schmeckt.
zum Bild oben:
Ein Tisch voller GlÀser: Um die zum Teil feinen Nuancen der WÀsser zu schmecken, werden sie parallel probiert
(c) TMBW / Andreas Weise |