Wieso nicht einmal selbst ausprobieren? Im Steng Landgut am Rotenberg in Lauffen stellen Gäste ihren eigenen Gin her. Und finden heraus, welche Rezeptur am besten zu ihnen passt
Brenngeräte und Spindeln, Filteranlagen und Messbecher: Ein bisschen wie im Chemielabor sieht es im Brennkeller des Landguts Steng am Rotenberg auf den ersten Blick schon aus. Dabei dreht sich hier alles um selbst gemachten Genuss. Es ist das Reich von Gebhard Steng, der dort seine Gin-Workshops leitet. Das Landgut ist ein Familienbetrieb, schon sein Großvater und sein Vater haben den Hof betrieben, der seit 1962 in Lauffen angesiedelt ist. Wie seine Vorgänger baut auch Gebhard Steng Kartoffeln und Trauben an, die auf den Äckern und in den Weinbergen rund um das Landgut bestens gedeihen. Lemberger, Riesling, Schwarzriesling und andere Burgundersorten wachsen schon seit den Römern auf den fruchtbaren Böden am Neckar.
Besonders begehrt sind die Frühkartoffeln Annabelle und Berber, die wegen der lockeren und feinkrümeligen Erde traditionell in Lauffen wachsen und dort oft früher geerntet werden als in anderen Anbauregionen. Auch den naturnahen und ökologischen Anbau der Produkte führt Gebhard Steng nun in dritter Generation fort. „Irgendwann aber wollte ich etwas Neues ausprobieren“, sagt er. Also hat Gebhard Steng den Betrieb weiterentwickelt, zu einem Hof, der sich neben klassischem Anbau auf die Verarbeitung von Produkten spezialisiert hat. Angefangen hat Gebhard Steng mit dem Brennen klassischer Obstbrände, Liköre und Brandys, seit fünf Jahren stellt er auch seinen eigenen Wein her. Seine Erzeugnisse vertreibt er an Restaurants und im Handel, und natürlich im eigenen Hofladen, wo die edlen Tropfen auch gleich probiert werden dürfen.
Wer einmal mit Gebhard Steng spricht, merkt schnell: Neben dem Herstellen seiner Produkte gehört das Empfangen von Gästen und das Ausrichten von Festen zu seinen Leidenschaften. Darum gehören zum Hof mittlerweile auch eine Sonnenterrasse, auf der Gäste mit hofeigenen Getränken bewirtet werden, eine urig eingerichtete Bar und eine große Eventhalle, in der in Zusammenarbeit mit regionalen Caterern Hochzeiten und andere Festlichkeiten ausgerichtet werden. Und da in der Halle auch die große Brennanlage des Hofes steht, kann der Brennvorgang während der Feier auf Wunsch mitverfolgt werden.
Gin-Manufaktur
Dass zu dem Repertoire auch die Herstellung eines hauseigenen Gins hinzukam, war eher zufällig. „Die Anfrage kam aus der Gastronomie“, erzählt Gebhard Steng, der mittlerweile regionale gastronomische Betriebe mit seinem eigenen Gin – dem Just Gin – beliefert. Warum hat sich Gin in den letzten Jahren denn eigentlich zu einem Kultgetränk entwickelt? „Das Tolle am Gin ist seine Vielseitigkeit“, erklärt der Workshop-Leiter. Wacholder, Koriander und Angelikawurz formen das Herzstück eines jeden Gins. „Drum herum aber darf wild experimentiert werden.“ Kräuter, Gewürze und Blüten, also etwa Zitronengras, Muskatnuss oder Rosenblätter, kann man auf so vielfältige Weise miteinander kombinieren, dass sich Gin immer wieder neu interpretieren lässt.
Deshalb hat Gebhard Steng einen Workshop ins Leben gerufen, bei dem Gäste das Kultgetränk nach ihrem ganz persönlichen Geschmack herstellen dürfen. Seine Workshops beginnt er immer mit einem Theorieteil: Dann erzählt er von der Geschichte des Gins, erklärt, wie aus Alkohol und Kräutern ein Mazerat wird. Und philosophiert über die drei Geschmacksrichtungen – floral, würzig und mit Zitrusaroma – die man dem Gin durch Botanicals verleihen kann. Es ist eigentlich immer das Gleiche: „Spätestens nach der Verkostung von drei Ginproben juckt es allen in den Fingern.“ Aus Orangenscheiben und Zitronengras, aus Kardamom, Nelken, Rosenblättern und vielen weiteren Botanicals, die im Keller bereitliegen, dürfen die Teilnehmenden während eines Workshops ihren je eigenen Kräutermix herstellen. Einige der Zutaten, wie Minze, Lavendel und Rosmarin, stammen aus dem hofeigenen Kräutergarten. „Anschließend wird die Brennanlage in Betrieb genommen“, erklärt Gebhard Steng und macht das gleich einmal vor: Er befüllt sie mit Alkohol und den Botanicals und schaltet die Heizplatte an, um Wärme zuzuführen. „Währenddessen wird mit Wasser gekühlt, damit aus dem entstandenen Alkoholdampf wieder flüssiger Gin wird.“
Es ist wie in der Liebe
Tropfen für Tropfen fließt eine klare Flüssigkeit in einen kupfernen Behälter. Etwa 20 Minuten dauert es, bis Gebhard Steng etwa 400 Milliliter puren Gin destilliert hat, den er nun auf die gewünschte Trinkstärke einstellt: Mittels einer Spindel fügt er destilliertes Wasser hinzu – und entscheidet somit, wie hochprozentig der Gin wird. Auch das Abfüllen in Flaschen und das Etikettieren übernimmt er selbst. Was er in den Händen hält? „Einen London Dry Gin. Der ist ungefiltert und gehört deswegen zu den höherwertigen Gins.“ Unabhängig von der Sorte hofft der Brenner, dass seine Gäste während des Workshops vor allem eines finden: „den Gin ihres Lebens“. Gebhard Steng vergleicht das Kreieren eines Gins mit dem Verliebtsein zwischen zwei Menschen: „Es kommt eben auf das richtige Zusammenspiel der Zutaten an.“ |